Das große Krebskiller-Interview (Teil 3)

Teil 3

Hier nun der dritte und letzte Teil des großen Krebskiller-Interviews:

(Fortsetzung vom 31. August)

In den vergangenen Monaten hattest du mit zahlreichen Ärzten, Therapeuten und Schwestern zu tun. Warst du immer mit ihnen zufrieden?

Absolut. Hundertprozentig! Auch, wenn ich das vielleicht noch nicht so deutlich in meinem Blog zum Ausdruck gebracht habe.

Es ist schon ein komisches Gefühl, von einem Moment zum anderen selbst nicht mehr Ärztin, sondern nur noch Patientin zu sein. Meine Ärzte und Schwestern haben mir sehr dabei geholfen, obwohl ich vermutlich nicht immer eine einfache Patientin war. Ich habe sie mit vielen Fragen zu den Therapien überhäuft und tauchte bei meiner Onkologin immer wieder mit eigenen Erkenntnissen aus der Fachliteratur auf. Sie alle hatten die Ruhe und Geduld, mich zu bändigen.

Meine Gynäkologin ist mir in dieser Zeit eine richtig gute Begleiterin geworden und zu ihr kann ich jederzeit mit meinen Problemen kommen. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb schätze ich es umso mehr.

Konntest du davon profitieren, selbst Ärztin zu sein? Und unter welchen Umständen hättest du einen Arztwechsel ernsthaft in Erwägung gezogen?

Ich beginne mal mit der zweiten Frage, die ist schneller beantwortet. Hätte ich zu meinem behandelnden Arzt kein Vertrauen gehabt, wäre ich von ihm nicht ernst genommen worden oder hätte ich das Gefühl gehabt, er ist fachlich nicht gut, dann hätte ich sofort gewechselt.

Ob ich profitiert habe, ist nicht so schnell zu beantworten. Es ist jedenfalls nicht einfach, Ärztin UND Patientin zu sein. Für den Blog war es ein Vorteil. So konnte ich meinen Lesern auch ein paar medizinische Dinge erklären. Aber für mich persönlich ist es eher schwierig.

Gut war, dass ich viele der Nebenwirkungen einordnen und teilweise auch selbst behandeln konnte. Ich wusste aber auch, dass gewisse Nebenwirkungen gefährlich oder unerklärlich waren und wann ich sofort zu meiner Onkologin gehen musste.

Selbst Ärztin zu sein, bringt auch mit sich, dass ich einfachen Zugang zu Fachliteratur habe und immer wieder neue Studien zu meiner Erkrankung entdecke. Das kann einen ganz schön verrückt machen!

Ich habe selbst schon viele Patientinnen wie mich behandelt. Einigen davon ging es weniger gut als mir. Manche saßen vor mir, als sie schon wussten, dass sie nicht mehr lange leben würden. Ich kenne also die guten und die traurigen Seiten dieser Erkrankung.

Mit welchen Emotionen blickst du heute in deine Zukunft?

Noch so eine gute Frage! Zum einen sind da wieder die Ängste: vor dem Kontroll-CT, vor unerkannten und unbemerkten Metastasen, vor einem Rückfall oder auch davor, meinen Beruf nicht mehr auf dem gleichen Level wie zuvor ausüben zu können. Und es wird wohl nie eine Gewissheit geben, dass ich wirklich so fit bin, wie ich mich fühle.

Ich blicke mit gemischten Gefühlen dem Wiedereinstieg in meinen Job entgegen, der mit der Unsicherheit verbunden sein wird, ob ich dann noch diejenige sein werde, die ich mal war.

André und ich planen im Moment immer nur in kurzen Schritten. Die Frage, was machen wir nächsten Sommer, stellt sich uns nicht. Für uns zählt, was in den nächsten Wochen passiert und ob wir dann etwas gemeinsam unternehmen.

Welche Schritte liegen noch vor dir, bis du endlich sagen kannst: "Jetzt fühle ich mich (fast) vollständig geheilt und kann wieder ein normales Leben ohne größere Einschränkungen führen"?

Schwierige Frage! Ich weiß nicht, kann man denn jemals wieder ganz gesund sein, wenn man einmal Krebs hatte?

Wenn ich fünf Jahre ohne Metastasen überstanden habe, stehen meine Chancen gut, uralt zu werden. Das habe ich immer im Kopf. Aber fünf Jahre sind eine lange Zeit. Frage mich das noch einmal, wenn ich es bis dahin wirklich geschafft habe.

Worin wird sich höchstwahrscheinlich dein Leben in den kommenden Jahren von dem Leben unterscheiden, das du vor deiner Diagnose geführt hast?

Etwas, das ich schon sehr früh bemerkt habe, ist, dass es diese Unbeschwertheit und eine gewisse Lockerheit in meinem Leben nicht mehr gibt und vielleicht auch nicht mehr geben wird. Dafür erlebe ich viele Dinge bewusster. Das hat sich allmählich so eingestellt. Was früher eher unbedeutend war, ist plötzlich interessant und die schönen Dinge kann ich zusammen mit André noch intensiver genießen. Es ist auch toll, wenn ich Zeit für mich genießen kann. Das würde ich gern mit in mein "neues Leben" nehmen.

Vielleicht schaffe ich es, mein Privatleben zukünftig weniger meinem Beruf unterzuordnen. Aber versprechen kann und will ich das lieber nicht.

Was möchtest du den Frauen sagen, die keinerlei eigene Erfahrungen mit Brustkrebs haben und dieses Interview nur aus reiner Neugier lesen?

In Deutschland und der Schweiz erkrankt durchschnittlich jede achte Frau an Brustkrebs, in Österreich sind es nur geringfügig weniger. Viele von ihnen sind unter 50 Jahre alt. Je früher der Tumor erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Es ist die am besten erforschte Krebsart und deshalb gut zu behandeln.

Also: Gebt auf euch acht, tastet regelmäßig, einmal im Monat, eure Brust ab und geht zur Vorsorgeuntersuchung! Werft, auf der Suche nach einer guten Anleitung, einen Blick in meine Linksammlung.

Aus zahlreichen Mails an dich geht hervor, dass sich viele deiner Leserinnen und Leser eine Fortsetzung deines Blogs wünschen.

Dürfen wir hoffen? Planst du wesentliche Veränderungen oder Kürzungen oder ist möglicherweise ein Ende schon in Sicht?

Der Blog geht definitiv weiter! Weil aber zukünftig nicht mehr so viel passiert wie in den vergangenen zwölf Monaten (hoffentlich!), hatte ich am 21. August ein paar Anpassungen angekündigt, die ich bereits auch umgesetzt habe. Weitere gravierende Veränderungen sind vorerst nicht geplant.

Ich hoffe, im Namen all deiner Leserinnen und Leser sagen zu dürfen, dass wir dir für die Zukunft alles erdenklich Gute wünschen, keine Rückschläge mehr, auch weiterhin die Kraft und Ausdauer einer echten Krebskillerin, natürlich auch eine große Portion Glück, dass dir all die treuen Freunde, Helfer und Unterstützer erhalten bleiben, dass deine Ärzte, Therapeuten und Schwestern auch weiterhin vorbildlich ihren Job erledigen und dass du ein so tapferer, starker und optimistischer Mensch bleibst. Vielen Dank für das Interview!

(Ende des Interviews)